Was für ein Rennen! Nach einem etwas mysteriösen Start habe ich meinen Plan sogar über-erfüllt. Zwar hat es mit der Olympia-Qualifikation nicht so ganz geklappt – ich bin mit meiner 3:22:09 Zielzeit aber dennoch sehr zufrieden.
Die Vorzeichen standen eigentlich ganz gut: Das Training lief optimal – mal abgesehen von einer zehntägigen Zwangspause. Die Tempoläufe und Intervalleinheiten waren fordernd, aber nicht überfordernd, und machten mir Mut, dass der Angriff auf die 3:30 dieses mal gelingen könnte. Die Anzahl und der Umfang der langen Läufe war jedoch nicht wirklich groß, da fragte ich mich schon das ein oder andere mal, ob das für meine Ambitionen ausreicht.
Am Samstag vor dem Marathon fühlte ich mich nicht so gut. Ich ließ das 25-minütige „Anschwitzen“ getrost ausfallen. Gegen Mittag machte ich mich auf den Weg zur Festhalle, um meine Startunterlagen abzuholen und ein wenig über die Marathonmall zu schlendern. Es war ganz schön voll! Und auch clever gemacht vom Veranstalter: Auf der einen Seite der Halle musste ich mir die Startnummer holen, um dann auf die gegenüberliegende Seite der Messehalle meinen Startbeutel zu bekommen. Dabei wurde ich sozusagen genötigt, einmal quer durch die Marathonmall zu wandern.
Für die Startnummer habe ich gefühlt eine halbe Stunde angestanden. Als ich dann dran war, konnte ich die jedoch nicht bekommen. In meiner Registrierung im System hat sich neben meinem eigenen Chip ein zweiter Zeitmess-Chip zur Leihe eingemogelt. Und für diesen kam zusätzlich die Fehlermeldung „Chip-Leihe nicht bezahlt“. So wurde ich vertröstet, an den Trouble-Schalter zu gehen und das zu klären. Dort stand ich dann auch erst mal wieder eine halbe Stunde an, um den zweiten Chip aus dem Programm nehmen zu lassen. Hier habe ich dann aber nicht direkt meine Startnummer bekommen, so dass ich mich erneut an die Startnummernausgabe anstellen musste. Meine Laune war danach dementsprechend im Keller.
Danach schlenderte ich noch ein wenig über die Marathon-Mall und schaute mir an, was die verschiedenen Sportartikelhersteller so zu bieten hatten. Zeitgleich wurde auf der großen Bühne Jan Frodeno interviewt und hunderte Leute standen an, um ein Selfie mit ihm zu machen. Natürlich schaute ich mich auch am Brooks-Stand um. Aber außer jeder Menge Schuhen zu vergünstigten Preisen gab es hier kaum was zu sehen. Ich habe mit den Ghost 8 GTX mal angeschaut. Im Gegensatz zu den normalen Ghost wird er mit Gore-Tex Gewebe gebaut, was in den kommenden Jahreszeiten bei Wind und Nässe bestimmt nützlich ist. Ich hatte vor Jahren mal ein paar Gore-Tex Laufschuhe von Nike, die waren echt super: Damit habe ich auch bei wirklich schlechtem Wetter immer trockene Füße gehabt.
Zum Schluss ging ich noch rüber in die Festhalle und stattete der Pasta-Party einen Besuch ab. Hier war ganz schön viel los. Die Sitzbänke waren nahezu alle belegt und auch hier musste man an den Ständen anstehen.
Das Rennen
Am Sonntag morgen hat alles ganz gut geklappt: Ich kam rechtzeitig aus dem Bett, habe in Ruhe Frühstücken können, mich auf den Weg zur Festhalle gemacht, umgezogen, Kleiderbeutel abgegeben und um 20 nach 9 stand ich an der Startlinie. Da hätte ich mir wohl doch noch ein wenig mehr Zeit lassen können. Also habe ich mich kurz warmgelaufen. So eine Viertelstunde locker joggen und Lauf-ABC haben mir gereicht – ich wollte mich ja nicht schon vor dem Start übermäßig verausgaben. Ich begab mich dann in meinen Startblock und wartete. Etwa 15 Minuten vor dem Startschuß wurde es dann langsam spürbar voller und die Anspannung stieg. Die Stimmung im Block war eher so lala, der Moderator an der Strecke hat es nicht richtig hinbekommen, die Läuferinnen und Läufer ein „anzuheizen“. Zumindest nicht dort, wo ich war.
Dann kam endlich der dubiose Start. Nachdem der Moderator an der Strecke die Profis mit einem „Ready, Set, Go!“ auf die Strecke ließ, dauerte es noch gefühlt 5 Sekunden, bis der eigentliche Startschuß ertönte. Keine Ahnung, was da schief gegangen war – aber ich finde, das „Go“ und der Startschuß sollten zeitgleich sein. Gleichzeitig mit dem Startschuß fiel dann auch die Absperrung zum vorherigen Startblock. So konnten wir Läufer aus dem zweiten Block eigentlich direkt nach vorne Richtung Startlinie strömen. Der erste Block war scheinbar nicht wirklich gut gefüllt oder die Läufer hier waren wirklich schnell weg, denn es ging wirklich zügig voran. Es dauerte nur knapp zwei Minuten, bis ich die Startlinie passierte.
Und dann lief ich. Lief und lief und lief. Ich konnte von Anfang an „mein Tempo“ laufen – es war genug Platz, keine langsamen LäuferInnen, die den Weg versperrten. Kilometer 1: 4:52, Kilometer 2: 4:52, Kilometer 3: 4:52. Spitze! Ich konnte mich gleich auf mein Tempo justieren und das manuelle Stoppen der Runden bei jedem Kilometer klappte auch ganz gut. Nach fünf Kilometern war ich schon eine Minute schneller, als mein Plan vorsah. Bei Kilometer 10 hatte ich bereits fast zwei Minuten Vorsprung auf meinen Plan. Mir war klar, dass sich das später nivellieren würde, da mein Plan ja vorsah, in den ersten acht bis zehn Kilometern etwas langsamer zu laufen.
An den Getränkeständen benötigte ich in den ersten beiden Dritteln lange nicht so viel Zeit, wie ich eingeplant hatte. Ich konnte mir mein Wasser schnappen und weiter laufen. Natürlich nicht ganz so schnell, aber offensichtlich auch nicht ganz so langsam, wie ich ursprünglich dachte. Nach der 10-Kilometer-Versorgungsstelle habe ich dann die kommenden fünf ausgelassen und mich mit meiner Trinkflasche versorgt. So konnte ich eine weitere Getränkestation auslassen und ein wenig Zeit einsparen. Nach dem ersten Drittel hatte ich drei Minuten Vorsprung auf meinen Plan. Bei Kilometer 17 musste ich dann eine kleine Zwangspause einlegen, die Natur rief und ich musste überschüssiges Wasser loswerden. Ich wollte damit nicht warten, bis es gar nicht anders ging.
Ich war gut drauf, ich war topfit und ich konnte wirklich zügig laufen. Nach dem fünften Kilometer habe ich das Tempo ein wenig angezogen, so dass ich in der Folge die Kilometer zwischen 4:40 und 4:45 absolvierte. Das waren fast 10 Sekunden weniger, als meine Zielzeit vorsah. In der Auswertung im Nachhinein habe ich die fünf-Kilometer-Abschnitte immer in rund 24 zurückgelegt – wow! Alle neun Kilometer habe ich mich mit einem Power-Gel versorgt. Da war Koffein drin, genau wie in meiner Trinkflasche auch. Ich glaube, das hat mir noch ein paar Reserven entlockt.
Nach dem ersten Drittel war ich schon so gut in der Zeit, dass ich das zweite Drittel lieber etwas ruhiger angehen wollte. Da ich von Anfang an aber direkt mein Tempo laufen konnte, war ich schon so fest im Rhythmus, dass ich gar nicht mehr wirklich langsamer werden konnte. Körperlich hatte ich auch nicht das Gefühl, dass es zwingend notwendig war. Klar war das Tempo anstrengend, der Puls von knapp über 170 Schlägen die Minute war aber noch verhältnismäßig moderat. Einige Halbmarathons bin ich mit einem Durchschnittspuls von 188 gelaufen.
Zur Halbmarathon-Marke hatte ich bereits vier Minuten Vorsprung auf meine Plan. So langsam kam ich ins Grübeln, ob die 3:30 heute nicht zu tief gestapelt sind. Ich entschloss mich, das zweite Drittel – also bis Kilometer 28 – erst mal im aktuellen Tempo weiter zu laufen. Ich hielt es für keine gute Idee, jetzt schon das Tempo zu erhöhen. Mein Befürchtung war, dass mir dann wieder am Ende die Kraft fehlt und ich wieder einbreche.
Bis Kilometer 33 habe ich die Entscheidung hinaus gezögert, die 3:15 anzugreifen. Ich steigerte das Tempo auf knapp unter 4:30, das habe ich aber nicht lange durchgehalten. Nach zwei Kilometern musste ich mir eingestehen, dass ich mit diesem Tempo nicht ins Ziel laufen würde. Deshalb habe ich das Tempo dann wieder runter gefahren und habe mich weiter an den geplanten 4:53 Minuten pro Kilometer orientiert.
Nach dem vierzigsten Kilometer hatte ich dann aber scheinbar noch genügend Kraft, doch noch ein wenig anzuziehen. Für die letzten 2,2 Kilometer habe ich nur 10:08 gebraucht – bei den bisherigen Marathons waren es immer mindestens zwei Minuten mehr. Das macht auf diesem letzten Abschnitt ein 4:36er Tempo, so schnell bin ich vorher nur zwischen Kilometer 33 und 35 gelaufen. Die Aussicht auf den Einlauf in der Festhalle schien dann doch noch einmal die letzten Kraftreserven zu mobilisieren.
Nach dem Rennen
Ich muss sagen, ich war noch nie so nicht-ko nach einem Marathon. Klar sind die Beine schwer und müde, und zucken ein bisschen. Der Muskelkater breitet sich ja aus, sobald man stehen bleibt. Trotzdem kann ich mich an keinen Lauf erinnern, an dem es mir danach so gut ging.
Vielleicht lag es an dem Koffein, dass ich mir mit den Gels und mit meinem Power-Getränk die ganze Zeit während des Laufs zu mir genommen habe. Ich konnte – und das lag mit Sicherheit am Koffein – am Nachmittag zu Hause nicht schlafen. Vielleicht war ich auch wirklich einfach nur topfit und auf den Punkt genau ausgeruht an den Start gegangen. Mit Sicherheit wird auch die 4-monatige, teilweise recht intensive Vorbereitung da mit gespielt haben.
Ich bin froh, dass die zehn Tage krankheitsbedingter Trainingsausfall scheinbar keine negativen Auswirkungen auf das Training an sich und mein Ergebnis als solches hatten. Vielleicht war es auch gar nicht so schlimm, dem Körper am Ende der Hochphase des Trainings ein paar Tage absolute Erholung zu gönnen.
Generell bin ich überrascht, wie gut es mir auch noch in den Tagen nach dem Marathon ging. Klar, war das Treppensteigen für Außenstehende sicher amüsant anzusehen, aber es war wirklich gar nicht schlimm. In den Waden hatte ich so absolut gar keinen Muskelkater. Ich bin mir immer noch nicht sicher, wofür die Calf Sleeves eigentlich gut sein sollen, aber ich glaube die sind auch ein bisschen Schuld daran, dass ich in den Waden keinen Muskelkater hatte.
Die Füße fühlten sich schon auf dem Heimweg nach dem Lauf so an, als hätten sie den ganzen Tag nur gefaulenzt. Normalerweise drücken die schon nach so einem langen Lauf und fühlen sich etwas angeschwollen an und druckempfindlicher als sonst. Geschwollen waren sie tatsächlich – die Transcend 2, in die ich nach dem Umziehen schlupfte waren spürbar enger als üblich. Mehr habe ich von den Füßen aber nicht gemerkt. Nicht mal Blasen hatte ich nach dem Lauf an den Füßen – ich glaube, das ist auch ein Novum. Ich glaube die Launch 2 sind für mich im Moment genau die richtigen Wettkampfschuhe. Sie sind zwar nicht super dünn und leicht wie die PureConnect, haben aber genau das Minimum an Dämpfung und Stabilität, die meine Füße und mein Laufstil für solch eine Distanz brauchen. Mit den PureConnect hätte ich mich spätestens ab Kilometer 35 sicher enorm gequält.
Am nächsten Tag hatte ich dann abends einen Massage-Termin bei Healthland. Ich war wohl nicht der einzige Marathoni an diesem Tag, wie ich vom Chef erfahren habe. Bei einer entspannenden Tasse Tee vor der Massage haben wir uns ganz nett über Laufen und Sport unterhalten und darüber, dass ich wohl doch lieber eine sanfte Relax-Massage bekomme, als eine mit „normaler Härte“. Okay, sollte mir recht sein – Hauptsache es tut nicht weh und der vom Marathon drohende Ganzkörpermuskelkater bleibt aus.
Dann war ich dran und habe doch ganz schnell gemerkt, wie sehr meine Beine in Mitleidenschaft gezogen wurden. Ein bisschen geknete an den Waden und ich merkte, wie sie beim Marathon beansprucht wurden. Auch die Achillessehnen sind ganz schon gefordert worden. Die Massage war nicht schmerzhaft, dafür aber umso entspannender für meine geschundenen Beine.
Alles in allem bin ich recht zufrieden mit meinem Jahreshighlight. Die Vorbereitung lief super, das Rennen umso besser. Die 3:30-Marke ist geknackt – Ziel erfüllt. Wobei acht Minuten für mich schon eine deutliche „Übererfüllung“ sind.
Lediglich die Stimmung beim Frankfurt Marathon 2015 fand ich nicht so schön. Es waren zwar viele Zuschauer am Streckenrand, die waren aber alle scheinbar schon müde. Selbst an der sonst eher wenig besuchten Mainzer Landstraße in Griesheim war verhältnismäßig viel Publikum. Dabei war ich jetzt nicht in einer Läufergruppe die erst irgendwann zum Schluss kommt, wo die Zuschauer schon halb am Gehen sind und keine Lust mehr haben. Vielleicht sind es doch die Clowns und andere kostümierte Läufer, die den Zuschauern am Streckenrand die Stimmung entlocken? Denn davon hatte ich um mich herum eigentlich keine – ich vermute dass von den Kaspern kaum einer in dieser Zeitregion mit läuft. Keine Ahnung, ich fand das jedenfalls sehr merkwürdig. Und das, wo ich das erste mal ohne Musik im Ohr einen Marathon gelaufen bin. Ob ich das beim nächsten Mal wieder mache, werde ich mir noch einmal überlegen.
Leider habe ich es in diesem Jahr nicht geschafft, an einem anderen Wettkampf außer dem StrongmanRun teilzunehmen. Das wird sich im nächsten Jahr aber hoffentlich ändern. Für den Frankfurt Marathon 2016 bin ich auf jeden Fall schon einmal angemeldet :-)
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