Unser nächstes großes Lauf-Abenteuer in diesem Jahr steht kurz bevor: Der Mauerweglauf in Berlin. Kerstin und ich werden uns die 100 Meilen als Zweier-Staffel teilen. Nach unserem Abenteuer auf dem Rennsteig hatten wir eine grobe Planung der langen Trainingsläufe gemacht und waren uns einig, dass ein Lauf um die 70 Kilometer Länge auf jeden Fall sinnvoll wäre. Es lag natürlich nahe, dass wir uns für den rund 65 Kilometer langen Grüngürtelwanderweg rund um Frankfurt entschieden. Nur wenige Wochenenden kamen dafür in Frage, so war der Termin schnell ausgemacht.
Ein Ultra-Trainingslauf will gut vorbereitet sein
Es bedurfte ein wenig Vorbereitung und Planung, um solch eine lange, lange Distanz im Training zu laufen. Der größte Unterschied ist, dass eben nicht wie bei einem Wettkampf alle Nase lang jemand am Streckenrand steht und Wasser reicht. Auch war von Anfang an klar: Mitte/Ende Juli wird es ziemlich heiß sein. Lange Zeit in der Hitze zu laufen ist wenig klug und macht auch nicht sonderlich viel Spaß. Am Nachmittag oder Abend zu laufen schied also kategorisch aus. Ebenso hatte ein Start am späten Abend für uns ein zu hohes Hitze-Risiko. Denn wenn es tagsüber richtig heiß wird, dann kühlt es erst gegen Mitternacht spürbar ab. Deshalb stand für uns schnell fest, dass wir mitten in der Nacht oder ganz früh am Morgen starten werden müssen. So war schnell die Idee geboren, dass wir den Sonnenaufgang vom Lohrberg aus betrachten wollen. Somit stand indirekt eine Startzeit fest: Um 5:39 auf dem Lohrberg sein.
Ein anderer zu planender Punkt war die Versorgung unterwegs. Da es bei einem Trainingslauf keine Verpflegungspuntke unterwegs gibt, mussten wir die Strecke entsprechend anpassen und den einen oder anderen Umweg einplanen. Wir schauten, wo wir Supermärkte entlang der Strecke hätten, an denen wir uns zwischendurch mit Wasser und etwas Bissfesten versorgen konnten. Die Wahl fiel auf zwei Märkte etwa bei Kilometer 30 und bei Kilometer 50. Wie sich während des Laufs herausstellte, waren beide beide genau an der richtigen Stelle.
Ob es jemanden gibt, der so bekloppte Sachen mitmacht?
Damit wir während des Laufs keine ungeplanten Umwege nehmen müssten und vor einer Baustelle o.ä. hängen bleiben würden, liefen Kerstin und ich die Strecke vorher ab. Natürlich nicht am Stück, sondern in mehreren Abschnitten. Zwar blieben dann immer noch ein paar blinde Flecken, Abschnitte die wir nicht vorher entlang gelaufen sind, aber das Risiko mussten wir eingehen.
Weil wir beide es schöner fanden, einen solch langen Kanten nicht ganz allein für uns zu laufen, hatte ich kurzerhand eine Facebook-Veranstaltung erstellt und Bekannte eingeladen. Anfangs waren wir ziemlich skeptisch, ob jemand aus unserem Bekannten- und dem erweiterten Dunstkreis bei so einer bekloppten Idee mitmachen würde. Aber siehe da: Es kamen ein paar Mitläufer*Innen meldeten sich darauf und zum Lauf hatten wir sogar eine Radbegleitung! :-)
Ein Halbtagsausflug rund um Frankfurt
Um viertel nach vier Uhr morgens starteten wir an der Gerbermühle in den Morgengrauen. Als wir los liefen, war es bereits ganz schön warm. Zwar zeigte das Thermometer läppische 19 Grad, aber die fühlten sich vielmehr wie 25 an. So war es gar nicht tragisch, dass wir von Anfang an etwas langsamer unterwegs waren, als mit dem ursprünglich geplanten 6:00er Schnitt. Jedoch schafften wir es so nicht rechtzeitig zum Sonnenaufgang auf den Gipfel des knapp 100 Meter erhöhten Lohrbergs. Nunja, einen Tod muss man eben sterben. Ich fand es schöner, mit der Gruppe zusammen zu laufen und zu plaudern so viel der Kaffeemangel um diese Zeit zuließ.
Das mit dem Sonnenaufgang war allen wohl nicht ganz so wichtig, wie gut durch den Lauf zu kommen. Am Ende war das auch ganz gut so, denn von da oben kann man aufgrund der Bäume sowieso nicht wirklich gut in Richtung Osten schauen. Statt dessen begnügten wir uns mit dem Sonnenaufgang am Enkheimer Ried und nahmen ein wenig Morgen-Dämmerung auf dem Lohrberg mit Blick auf die Frankfurter Skyline mit. Den besten Blick auf die aufgehende Sonne hatten wir erst ein paar Kilometer später, als ein Feld für ausreichend Weitblick sorgte.
Der erste Halbmarathon war ziemlich schnell rum und ehe wir uns versahen – und bevor wir alle wirklich wach waren – waren wir bereits am Niddaufer angelangt. Der Grüngürtelwanderweg stößt im Nordwesten Frankfurts auf diesen Zulauf des Mains und verläuft von hier aus weiter in Richtung südwesten entlang der Nidda, bevor sie schließlich am Höchster Schloß in den Main mündet. Nach einem kurzen Zwischenstopp am alten Flughafen in Frankfurt Bonames, wo wir einen kurzen Fotostopp mit dem (fast) berühmten Grüngürteltier machten, liefen wir schnurstracks weiter in Richtung unseres ersten VP.
Woanders is‘ anders
Die beiden REWEs waren sehr … speziell. Der erste in Eschersheim war getrennt in Super- und Getränkemarkt. Im Supermarkt gab es nur kleine Getränkeflaschen, bis etwa 0,5 Liter. Im Getränkemarkt wurde meine AmEx nicht akzeptiert – der erste REWE den ich kenne, der nicht die Payback-Kreditkarte nimmt. Zum Glück konnte mir einer der Mitläufer*Innen mit etwas Kleingeld aushelfen, so dass es noch für eine 1,5l-Flasche Wasser reichte.
Auch die Dame an der Kasse war leicht … na sagen wir vorsichtig: schnarnasig. Aber okay, was will man auch um 7:30 Uhr an einem Samstag morgen erwarten? Klar, war das blöd, dass ein Schild auf dem Kaffeeautomaten den Espresso für 1,- € anpries, der Automat aber 1,50 € haben wollte und zudem nicht wechselte. Klar, war das ungeschickt, als die Kassiererin auf Nachfrage dazu sagte Ja, da kann ich ja nu nix dran ändern.
Trotzdem haben wir alles bekommen, was wir brauchten, füllten unsere Trinkblasen wieder auf, aßen eine Kleinigkeit und liefen dann eben einfach weiter.
Kurz danach verließen uns zwei unserer Begleiterinnen. Sie hatten von Anfang an geplant, nur etwas mehr als 30 Kilometer mit uns zu laufen. Unsere kleine Laufgruppe schrumpfte nun etwas zusammen. Nach der Verabschiedung liefen wir die restlichen 36 Kilometer des Grüngürtelwanderwegs zu dritt mit unserer Radbegleitung weiter.
An der Wörthspitze in Frankfurt Höchst, wo die Nidda in den Main mündet, konnten wir uns den drei Kilometer langen Umweg über die Leunabrücke sparen. Da wir mittlerweile knapp eine Dreiviertelstunde hinter meinem ursprünglichen Zeitplan hingen, bestand die Möglichkeit mit der Fähre überzusetzen. Die fährt nämlich erst ab 9 Uhr morgens. In meinem Plan wären wir dort bereits um etwa 8:30 Uhr angekommen und hätten den Fußweg nehmen müssen. Zusätzlich zu den hohen Temperaturen dauerte der Stopp am REWE länger, als gedacht. Auf die Fähre mussten wir gar nicht lange warten. Vielmehr wartete die Fähre auf uns. Die Überfahrt war ziemlich witzig! Schade, dass sie nur etwa drei Minuten dauerte.
Irgendwann wurde es dann anstrengend
Die Marathonmarke passierten wir kurz nach der Fähre. Ich hatte den Eindruck, dass es ab hier für uns alle etwas zäher wurde. Die Gespräche wurden weniger, einzelne Sätze kamen mit immer weniger Silben aus. Nach über fünf Stunden Laufen wird man dann eben doch einfach müde – unabhängig davon, wie schnell man unterwegs ist. Es war nicht mehr lange hin, bis die Uhrzeit zweistellig werden würde. Trotz des bedeckten Himmels war die Wärme nicht mehr weg zu diskutieren. In der Ferne sahen wir dunklere Wolken, die etwas Regen und Abkühlung versprachen, aber die blieb bis zum Ende des Laufes aus. Besonders Kerstin hatte ab etwa Kilometer 45 ordentlich zu kämpfen. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir aber schon längst entschieden, dass wir eine kleine Abkürzung zum zweiten VP-REWE nehmen würden.
Der zweite REWE in Goldstein, wo wir etwa gegen 10 Uhr einfielen, war wie sein Vorgänger: besonders. Ein wenig gruschelig und irgendwie unaufgeräumt, aber wir fanden alles, was wir benötigten. Die Kassiererinnen hier waren deutlich ausgeschlafener, was aber leider nicht dazu beitrug die Leute schnell ab zu kassieren. Und natürlich hatte ich die Oma vor mir in der Kasse, die ihre 12,59 € passend mit Bargeld zahlte und gefühlt stundenlang das Kleingeld aus ihrer Geldbörse raus friemelte. Das GPS meiner Uhr hat mir zudem im REWE mehr als einen ganzen Kilometer zusätzlich auf die Strecke gedichtet. Die werde ich im Falle einer Wiederholung wohl lieber draußen lassen.
Dieser zweite Verpflegungspunkt kam für uns genau zum richtigen Zeitpunkt. Wir nutzten die Zeit, um uns ein wenig zu akklimatisieren, kurz ein wenig runter zu fahren und daraus neue Kraft zu schöpfen. Dieser Stopp dauerte dementsprechend etwas länger. Nach rund 30 Minuten waren wir alle wieder aufgepeppelt und auch Kerstin ging es wieder gut. Ich hatte mir zwischendurch ein wenig Sorgen gemacht, ob sie die ganze Strecke durchhält, aber nach der Pause war wieder alles im grünen Bereich. Halbwegs frisch und frohen Mutes schritten wir von dannen, um die verbleibenden rund 28 Kilometer zu bewältigen.
Der südliche Teil des Grüngürtelwanderweges führte uns fast ausschließlich durch den Frankfurter Stadtwald. Hier war es um einiges erträglicher, als auf den vorherigen Kilometern. Zwischendurch kamen sogar vereinzelte Regentropfen herunter. So wirklich abgekühlt haben die aber nicht.
Schluß mit Rumgeeier
Wir liefen weiter vorrangig nach der Beschilderung des Grüngürtelwanderwegs. Diese führte uns durch einen Abzweig an einen kleinen Weiher, wo wir eine weitere Variante des Grüngürteltiers auf einer Säule sitzend fanden. Diesen Abschnitt fand ich zuvor auf keiner GPS-Karte und auch beim Streckenscouting war uns dieser Teil entgangen. An diesem Tümpel aber verloren wir die Spur des Wanderwegs. Wir dachten uns, dass der Weg einmal drum herum führen muss und dann wieder zurück auf den Hauptweg ging.
An dieser Stelle verließen wir dann kurz den Wanderweg. Wir hatten nicht mehr so viel Lust, noch zusätzliche Kilometer einzubauen und der Abstecher an diesen Teich sah genau dannach aus. Mit Hilfe unseres Garmin eTrex Wander-Navigationsgeräts (Affiliate Link*) nahmen wir also den kürzesten Weg zurück auf die uns bekannte Strecke. Dieses Navi für die Hosentasche ist bisher wirklich eine gute Investition gewesen. Nicht nur, weil man relativ simpel GPS-Tracks drauf spielen und nachlaufen kann, sondern eben auch weil es ziemlich detaillierte Karten für Europa bereits vor installiert hat und vollkommen ohne Mobilfunknetz auskommt. Und den Lauf aufzeichnen tut es auch, sogar mit Puls.
Gegen halb eins waren wir dann endlich wieder zurück an der Gerbermühle. Ich glaube, wir waren alle ein wenig froh, dass es vorbei war. Schließlich waren wir etwas mehr als acht Stunden unterwegs und waren mitten in der Nacht aufgestanden. Den langen langen Trainingslauf haben wir dennoch ganz gut überlebt und keine Blessuren davon getragen.
Es bleibt die Erkenntnis, dass solch ein langer Trainingslauf durchaus machbar ist. Wenn eine passende Strecke gefunden ist, die eben auch Versorgungsmöglichkeiten unterwegs einbezieht, lässt sich so etwas ganz gut laufen. Der Vorteil von solch einem Wanderweg rund um die Stadt: Dank des öffentlichen Nahverkehrs ist man im Zweifel immer schnell wieder daheim und braucht keine echte Notfall-Strategie. Trotzdem braucht es vorher einen kleinen Plan. Und irgendwie hat das geplane rund um diesen Lauf auch Spaß gemacht ;-)
Alle Fotos vom Gürngürtel-Trainingslauf
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