So habe ich die ersten drei Runden in 7:33, 7:48 und 7:58 Minuten absolviert – mit etwa 4:30 Minuten pro Kilometer ein ziemlich zügiges Tempo für einen Marathon. Zum Vergleich: Eine Runde beim Darmstädter Knastmarathon ist etwas länger als eine Meile. Ich merkte der Deutschen Meisterin im 100 Kilometer Straßenlauf aber schnell an, dass sie keinen Bock darauf hatte, irgend jemanden in ihrem Windschatten laufen zu haben. Mitte der dritten Runde hat sie dann Gas gegeben und war weg – das Tempo konnte ich dann absolut nicht mehr mithalten. Fortan musste ich ohne Pacemaker laufen.

An dieser Stelle zählte ich schnell kurz durch, da das Teilnehmerfeld vor mir noch recht überschaubar war. Ich war nach etwa fünf Kilometern an sechster Stelle (Gesamt!). Diese Position konnte ich bis etwa zum zehnten Kilometer halten, dann war ich langsam genug und wurde überholt. Im Laufe des Rennens verlor ich aber den Überblick, da ich ungefähr in der fünften Runde anfing, das Teilnehmerfeld von hinten aufzurollen und LäuferInnen zu überrunden. Ich konnte dann nicht mehr mitzählen, wie oft ich überholt oder überrundet wurde.

Ergebnis Darmstädter Knastmarathon

Es fiel mir mit zunehmender Dauer immer schwerer, mein Tempo zu halten – und schnell schlug auch die Hitze zu Buche. Ich versuchte zuerst das Tempo zu drosseln, aber wich dann nach der Halbmarathonmarke (bei etwa 1:46) darauf aus, immer wieder Gehpausen zu machen. Nach dem ersten Viertel sah die Zwischenzeit noch so aus, als könnte ich auf 3:30 hinaus laufen. Nach der Hälfte hatte sich meine Prognose bereits auf 3:45 verschoben. Am Ende kam ich nach 3 Stunden und 51 Minuten ins Ziel – mehr war an diesem Tag einfach nicht drin.

Im Ergebnis wurde ich noch von drei Frauen und 14 Männern überholt. Ich war 24. Platz gesamt, 20. Mann und sogar 4. Platz in meiner Altersklasse. Am Ende trennten mich nur neun Minuten von einem Podiumsplatz in der Altersklasse. Der zweite und der erste Platz in der AK wären nahezu unerreichbar gewesen, denn die beiden sind 2. und 3. in der Gesamtwertung geworden.

Bemerkenswerter Weise bereitete mir das „im Kreis laufen“ überhaupt gar keine Probleme. Irgendwie war es trotz der kurzen, überschaubaren Runden immer sehr abwechslungsreich. Ich hatte nie den Zeitpunkt, wo ich nahezu allein oder nur mit einem stillen unbekanntem Begleiter laufe, der zufällig das gleiche Tempo hat, wie ich. Durch die kurzen Runden im Hof der JVA Darmstadt sah ich doch immer wieder andere Läuferinnen und Läufer, die ich zwangsläufig überholte. Außerdem waren, wie bei mittlerweile jeden professionell organisiertem Lauf, Lautsprecher aufgebaut, die die Läufer mit Musik beschallten. Da das Areal so klein war, konnte man die Musik fast an jedem Punkt der Strecke hören. Später kam dann noch eine Trommlergruppe dazu, die auch ordentlich Stimmung gemacht und die LäuferInnen angefeuert hat.

Lediglich der Verpflegungsstand alle 1,785 km hat mich anfangs ein wenig aus dem Konzept gebracht. Zuerst war die Frage immer: Soll ich, oder soll ich nicht? Es sind ja nicht mal 10 km rum, wieso dann jetzt schon trinken? Am Ende war ich aber froh, dass er in so kurzen Abständen kam. Gerade weil es ziemlich heiß war, es keinen einzigen Schattenplatz, kaum Wind und nur versiegelten Asphaltboden gab konnte ich so wenigstens regelmäßig trinken. Ich hatte mir auch Gels, Riegel und eigenes Getränk mitgenommen aber nur die Gels benutzt. Die anderen beiden Sachen waren in der Hitze schnell ungenießbar geworden.

Beim Darmstädter Knastmarathon 2016 brannte die Sonne.
Beim Darmstädter Knastmarathon 2016 brannte die Sonne.

Mit dem Ergebnis bin ich natürlich nicht zufrieden, eine 3:30er Zeit hatte ich insgeheim schon erwartet. Das Wetter war für Läufer sicher nicht ganz optimal, ich habe mir auch ein kleines buntes Farbenspiel am Oberkörper zugelegt, denn Sonnenschutz für die Haut hatte ich natürlich nicht dabei – lediglich mein Laufshirt bot ganz offensichtlich UV-Schutz. Der Sieger kam dennoch mit 2:52 ins Ziel, was im Amateurlaufsport doch eine beachtliche Zeit ist, daher kann das Wetter wohl nur teilweise als valide Begründung gelten.

Nichts desto trotz war der Darmstädter Knastmarathon 2016 für mich schon ein kleines läuferisches Highlight. Ein überschaubarer, nahezu familiärer Lauf mit vielen „Wiederholungstätern“, bestens organisiert. Das ganze Prozedere – vom Einlass bis zum Verlassen des Geländes – ist einmalig, von der Stimmung ganz zu schweigen. Die Strecke bietet nicht sehr viel, was aber in der Natur der Sache liegt und eben auch den besonderen Reiz dieses Marathons ausmacht. Wer also einen etwas anderen Marathon sucht, ist in der JVA Darmstadt sicher gut aufgehoben.

2 Kommentare

  1. Coole Aktion! Aber es hat sicher auch was Beklemmendes, oder? Ich genieße beim Laufen immer das Gefühl der Weite. Für ein leicht klaustrophobisches Wesen kann ich mir das nur schwer vorstellen.
    Ich finde, eine Hammerzeit hast Du da abgeliefert. Glückwunsch!

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