Mein Darmstädter Knastmarathon 2016

Nicht alle Läuferinnen und Läufer konnten rechtzeitig durch die Sicherheitskontrolle, so dass sich der Start um zehn Minuten verschob. Bei so einem kleinen Lauf mit nur rund 200 Teilnehmern ist das aber gar kein Problem. Es will ja jeder den Spaß mitmachen und sich nicht ärgern müssen, dass die Sicherheitskontrolle länger dauert als erwartet.

Das Teilnehmerfeld war bunt gewürfelt, wobei der Anteil der Frauen von Anfang an recht dünn war. Ich schätze, Frauen machten nur etwa ein Fünftel der Teilnehmer aus, wenn nicht sogar etwas weniger. In die Ergebnisliste trugen sich am Ende nur 16 Frauen (von 144 Finishern insgesamt) ein. Offensichtlich stiegen einige Läuferinnen und Läufer – über den Daumen gepeilt waren es insgesamt wohl ein Drittel – zwischendrin aus. Das Wetter war schon ziemlich heftig für einen Marathonlauf!

Nehmen auch Insassen am Knastmarathon teil?

Viele LäuferInnen liefen mit „100 Marathonclub“, „Tortour de Ruhr„, „100 Meilen Berlin – der Mauerweglauf“ oder ähnlichen Shirts auf. Der Knastmarathon zieht wohl eine spezielle Gruppe Läufer und Läuferinnen an. Neben diesen Verrückten ;-) und der bereits erwähnten schwedischen Reisegruppe nahmen natürlich auch Insassen der JVA Darmstadt-Eberstadt, aber auch aus anderen JVA in der Nähe, am Darmstädter Knastmarathon teil.

Sie waren zunächst nicht als solche erkennbar und liefen sozusagen inkognito unter den anderen Läufern mit. Als dann der eine Zelltrakt Hofpause (oder wie heisst das im Gefängnis?) hatte und dem Lauf zuschaute, konnte man schon merken, wer von den Mitläufern in die JVA gehört. Die Hofgänger haben natürlich ihre Leute angefeuert, gefeiert und abgeklatscht. Das haben sie aber auch – um jenes Klischee zu belegen – bei fast jeder Frau, die vorbei lief. Im späteren Verlauf des Marathon haben ein paar Insassen vom Verpflegungsstand ihre Leute eine Weile auf der Laufstrecke begleitet.

Aber selbst die Insassen in den Blöcken, die nicht gerade Hofpause hatten, schienen aus den Fenstern geschaut und die LäuferInnen angefeuert zu haben. Zumindest hörte ich vereinzelt Rufe und Applaus aus den Blöcken. Gesehen habe ich aber nicht, denn die Fenster waren nicht in der Art und Weise vergittert, wie man es als Außenstehender vermutet. „Schwedische Gardinen“ sind bzw. waren beim Bau der Anlage nicht zeitgemäß. Statt dessen war die Vergitterung von außen und aus der Entfernung nahezu Blickdicht.

Eingangstor zur JVA Darmstadt-Eberstadt, auch bekannt als "Fritz-Bauer-Haus". Kameras und Handys mussten leider draussen bleiben, deshalb gibt es hier keine Fotos vom Lauf.
Eingangstor zur JVA Darmstadt-Eberstadt, auch bekannt als "Fritz-Bauer-Haus". Kameras und Handys mussten leider draussen bleiben, deshalb gibt es hier keine Fotos vom Lauf.

Die Laufstrecke

Ich lief mich vor dem Startschuss etwa 15 Minuten lang warm und erkundete ein wenig die Strecke des Darmstädter Knastmarathon. Sie führt erst an ein paar Zellblöcken vorbei zu einem großen Gebäude, der Schreinerei. Dort war die erste Mauer, an der es nicht mehr weiter ging. Deshalb gab es hier eine Wendeschleife und die Strecke führte wieder zurück, am Verpflegungsstand und dem Start vorbei zwischen anderen Zellblöcken entlang. Hier gab es sogar ein paar Bäume und grüne Rasenflächen. Nach rund 200 Metern bog die Straße an der Gefängnismauer rechts ab. Dort lag rechterhand der Fußballplatz und es ging wieder etwas 200 Meter geradeaus an der Mauer entlang. Die Straße endete erneut in einer Rechtskurve und führte geradewegs auf die Rückseite des Verpflegungsstandes zu, vorbei an der Turnhalle wo auch die Umkleide war. Kurz vor dem Verpflegungsstand gab es wieder einen 180° Wendepunkt. Auf dem Rückweg ging es zwischen weiteren Arbeitsgebäuden vorbei wieder zurück auf die Straße zwischen Mauer und Fußballplatz und Start/Ziel.

Die Strecke bestand aus einer asphaltierten Straße die breit genug war, dass die LäuferInnen in beiden Richtungen bequem aneinander vorbei laufen konnten ohne sich in die Quere zu kommen. Lediglich am Wendepunkt auf der Rückseite des Verpflegungsstandes war es ein wenig enger. Auf der Strecke gab es an zwei Stellen Wasserbottiche mit Schwämmen zum Eintauchen. Das war bei der Hitze auch bitter nötig! Zusätzlich hatte man sich etwa eine halbe Stunde nach dem Start entschieden, eine Gartendusche einzuschalten, die den Rest des Darmstädter Knastmarathon durchweg lief. So konnte ich ein Mal pro Runde darunter durch laufen und eine kurze Abkühlung genießen.

Das Rennen

Die ersten paar Runden liefen nicht schlecht. Im Startfeld sortierte ich mich direkt im vorderen Drittel ein, damit ich nach dem Startsignal nicht von Langsameren aufgehalten würde. Einen „Startschuß“ gab es auch Sicherheitsgründen nicht, denn dann hätte jemand eine Waffe mit rein bringen müssen.

Die Rechnung ging ganz gut auf! Nach der ersten Kurve sah ich nur eine überschaubare Anzahl an Läufern vor mir. Ich dachte mir: Man, der erste läuft ja gar nicht so schnell – den kann ich bestimmt noch einholen! Nun ja, er lief dann schnell genug, dass ich es doch nicht konnte. Dafür habe ich dann aber die führende Frau noch vor Ende der ersten Runde eingeholt und mich an ihre Fersen geheftet.

Wie der Darmstädter Knastmarathon 2016 weiter für mich verlief, erfährst du auf der nächsten Seite!

2 Kommentare

  1. Coole Aktion! Aber es hat sicher auch was Beklemmendes, oder? Ich genieße beim Laufen immer das Gefühl der Weite. Für ein leicht klaustrophobisches Wesen kann ich mir das nur schwer vorstellen.
    Ich finde, eine Hammerzeit hast Du da abgeliefert. Glückwunsch!

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