Ich gehe in meinen Startblock und steuere direkt auf die Zug- / Bremsläufer zu. Vier Stück sind es insgesamt, die einen orangenen Ballon mit der Aufschrift 3:00 tragen. Ich spreche sie an und frage, wie sie es denn angehen wollen: mit positivem, negativem Split oder gleichmässig und ob sie die Verpflegungsstände berücksichtigen würden. Wir machen es wie immer und laufen gleichmäßig durch. Nagut, dann werde ich mich einfach dran hängen und schauen, wie ich da mit komme.

So ganz sicher bin ich mir immer noch nicht, den Marathon in drei Stunden zu schaffen, aber wenigstens muss ich nicht allein laufen und habe ein wenig Orientierung für das Tempo. Ich bleibe in Sichtweite der Paceläufer, will mich nicht direkt an deren Fersen heften. Noch weiß ich nicht, wie groß der Tross der Mitläufer in dieser Tempogruppe ist.

Münster Marathon 2017 vor dem Start
In meinem Tempobereich sind die Läufer vor dem Start schwer konzentriert.

Die Elite-Läuferinnen und -Läufer stehen keine 5 Meter von mir entfernt. Münster ist zwar nicht hochklassig besetzt und keine Rekord-Strecke, aber die da vorne sind trotzdem sau schnell! Trotzdem komme ich mir nicht fehl am Platz vor – heute fühlt es sich einigermaßen richtig an. Hier vorne ist ganz schön viel Platz. Es ist nicht so eng wie bei anderen Stadtmarathons, statt dessen sehr überschaubar und gemütlich und gar nicht hektisch. Alle um mich herum sind sehr konzentriert und fokussiert. Mir wird klar: Der Drei-Stunden-Marathon ist eben für kaum jemanden ein lockerer Lauf.

Der Startschuss fällt wieder einmal verkorkst – der Countdown zählt runter, aber die Pistole (?) hat wohl Ladehemmungen. Nichts desto trotz setzt sich die dünne Masse in Bewegung. Ich laufe über die Startlinie, drücke auf meine Uhr und folge schnellen Schrittes den orangefarbenen Ballons. Die ganze Nervösität und Aufregung der letzten Tage – mit einem einzigen Tastendruck ist sie verflogen.

Ich habe mich anfangs an den Pacemarkern für die 3:00 Stunden orientiert.

In einem forschen 4:00er Schnitt laufe ich los. Es geht leicht bergab. Bejubelt vom Straßenrand befinde ich mich in einer kleinen Gruppe aus etwa 10 bis 15 Läufern, die sich um die Drei-Stunden-Pacemaker versammelt haben. In dieser kleinen Gruppe fliegen wir durch die Münsteraner Innenstadt, durch einen kleinen Park, durch von jubelnden und applaudierenden Zuschauern umsäumte Straßen. 4:11, 4:12, 4:07 – die Kilometer rasen förmlich dahin! Es geht mir gut dabei. Das Tempo liegt mir, aber ich frage mich, warum die Pacemaker dann doch so flott unterwegs sind. Mir schwant, dass sich das später rächen wird.

Man muss nicht verrückt sein, um einen Marathon zu laufen – aber es hilft.

Mir fällt auf, dass hin und wieder lustige, aufmunternde, motivierende und inspirierende Sprüche neben den Kilometerschildern standen. Das zog sich den ganzen Lauf durch, auch wenn ich nicht jeden gesehen habe. Ich fand sie wirklich gut und oft für die aktuelle Situation zutreffend. Die meisten habe ich aber vergessen – zu wenig Sauerstoff im Hirn, der wurde für die Beine gebraucht.

Schnell kommt der erste Erfrischungspunkt. Schon beim Lesen der Marathoninfos hatte ich mich ein wenig gewundert, dass auf den ersten 10 Kilometern bereits drei VP sind. Den ersten, nach gerade einmal vier Kilometern, lasse ich getrost aus – ich war ja noch nicht mal richtig warm gelaufen! Beim zweiten nehme ich dann einen Becher Wasser im Laufen mit. Mittlerweile klappt das bei den Wettkämpfen ganz gut. So lange es sich um Pappbecher handelt, kann ich sogar im Laufen daraus trinken, ohne das mehr als die Hälfte daneben geht.

Die Zeit vergeht wie im Flug und auf einmal passiere ich die Matte bei Kilometer 10. 42:33 sagt meine Uhr. ich grüble kurz Könnte eine neue Bestzeit auf 10 km sein und versuche mich daran zu erinnern, wie sie genau ist. Mittlerweile habe ich nachgeschlagen und weiß, ich habe sie um 11 Sekunden verpasst.

Münster Marathon 2017 Parkplatz
Kurz nach Sonnenaufgang stellten wir das Auto ab und machten uns auf den Weg zur Startbeutelabgabe.

Zwischendrin waren ein paar Kilometer etwas langsamer als der angepeilte 4:15er Durchschnitt. Das waren wohl die Abschnitte, wo es ein wenig bergauf ging. Überhaupt ist der Münster Marathon leicht profiliert und damit vermutlich nicht wirklich für die Jagd auf Bestzeiten geeignet. Es geht fast die gesamte Distanz immer ein wenig bergauf oder bergab. Die Stimmung am Streckenrand aber ist überall grandios. Auch nach knapp einer Stunde gab es kaum Flecken, an denen keine Zuschauer begeistert jubelten und unsere kleine Gruppe anfeuerten. Wie ich später feststellte, waren wir auch immer unter den 100 ersten Läufern, die vorbei kamen.

Nach Kilometer 12 wurde es dann etwas ruhiger am Streckenrand, also beschloss ich meine Kopfhörer (Affiliate Link*) aufzusetzen und mich mit etwas Musik anzufeuern und die drohende Langeweile zu bekämpfen. Nach nicht ganz einer Stunde hatte ich keine Angst mehr davor dass mich die Musik aus dem Rhythmus bringen würde. Und im Gegensatz zu einem Longrun bekam mein Gehirn gerade nicht ausreichend Sauerstoff, um philosophische Fragen zu klären oder Probleme zu lösen. Den benötigte ich anderweitig. Kurz darauf klingelte das Telefon. Telefon? Nanu? Kerstin rief an.

Sie erzählte mir, dass sie nicht mehr könnte und aufhören würde. Ich versuchte klar zu machen, dass es kein Problem sei und dass es sowieso total verrückt ist, dass sie an den Start gegangen war – immerhin war sie bis Freitag erkältet gewesen. Sie solle in Ruhe zurück zur Umkleide gehen, sich fertig machen und dann im Zielbereich auf mich warten. Im Grunde hätte Kerstin dafür geschmeidige zwei Stunden zeit gehabt – und bis zum Ziel müsste sie ja nicht die volle Strecke zurück gehen sondern könnte ja dann eine Abkürzung nehmen.

Fünf Minuten später kramte ich dann noch einmal mein Telefon aus meinem Laufgürtel (Affiliate Link*) heraus. Ich war gerade beim VP kurz hinter Kilometer 14 durch, da stand am Rand der Besenbus. Ich sagte Kerstin kurz bescheid, dass der dort stünde. Wenn sie es gehend, wandernd oder wie auch immer bis hier hin schaffen würde, dann müsste sie nicht zurück laufen, sondern könnte eben einfach mit dem Bus fahren. Sie war gerade bei Kilometer 11 durch. Zwar lag sie damit eigentlich noch ziemlich gut im Plan, aber ich dachte mir: Sie ist erfahren genug, um das einschätzen zu können.

Jetzt war meine Pacegruppe ein wenig davon gelaufen, beim Reden konnte ich nicht ganz so schnell rennen. Aber sie war immer noch in Sichtweite. Der Läufer neben mir war offensichtlich irritiert, dass ich beim Laufen noch telefoniert hatte. Er schaute mich an, als käme ich vom Mond. Mit Reden hatte das Telefoniere aber nicht viel zu tun. Ich war zwar noch in der Lage, halbwegs grammatikalisch vernünftige Sätze rauszubringen. Die hatten aber kaum mehr als drei bis fünf Worte. Mehr kam bei mir zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr raus. Da ich eh die Hand gerade in der Tasche hatte, habe ich direkt mal die GoPro raus geholt. Die Bilder sind aber nicht wirklich toll geworden.

Münster Marathon 2017 während des Laufs
Nach dem Telefonat hatte ich ein wenig Rückstand auf die 3-Stunden-Pacegruppe

Ein paar Kilometer brauchte ich, bevor ich auf die Gruppe wieder aufschließen konnte. Bei Kilometer 18 oder so war das. Das war auch das erste mal wo ich mir dachte: Noch xx Kilometer. Das ist immer ein Zeichen, dass er Körper anfängt mental zu saugen. Die Kilometer Rückwärts zu zählen ist immer der Anfang vom Ende. Und ich hatte noch 24 Kilometer vor mir – etwas mehr als die Hälfte, etwas weniger als zwei Drittel … ziemlich genau vier Siebtel. Und so begann ich von hier an die Kilometer herunter zu zählen. Ich wusste jetzt schon, dass die letzten rund 100 Minuten des Marathons sehr sehr lange dauern würden.

Kaum drei Kilometer war es dann soweit: Der Anstieg über die Autobahnbrücke offenbarte sich vor mir. Ohne Vorwarnung kam un um die Kurve, blickte geradeaus und sah, wie sich die Straße in den wolkenverhangenen Himmel reckte. Auf einer Distanz von vielleicht 300 Metern geht es 20 Meter in die Höhe. Dagegen ist die Schwanheimer Brücke beim Frankfurt Marathon ein Kindergeburtstag. Trotzdem musste ich da irgendwie hoch – und erwartungsgemäß schaffte ich das auch. Mir ging dann aber ganz schön die Puste und ich nutze den nächsten Verpflegungsstand für eine kleine, heimliche Gehpause. Forschen Schrittes marschierte ich an den Getränken vorbei, griff mir einen Becher und trank. Im Gehen ist es viel einfacher, nicht die Hälfte daneben zu schütten, dachte ich mir um mir die paar Sekunden Erholung zu rechtfertigen.

Mitten auf der Brücke war die Halbmarathonmarke. Die Uhr, die daneben aufgebaut war, schrie mich mit großen Zahlen an 1:29:41. Damit war ich nur 40 Sekunden langsamer, als am Wochenende zuvor, aber hatte 20 Sekunden Vorsprung auf meine geplante Zielzeit. Jedoch merkte ich, dass ich langsam müde wurde. Dieses Tempo würde ich nicht über die zweite Hälfte halten können. Mir war jetzt schon klar, dass ich die Sub-3 nicht mehr schaffen werde. Keine Ahnung warum, aber auf der Marathon-Distanz habe ich es noch nie geschafft, die zweite Hälfte so schnell, oder gar schneller als die erste zu laufen.

Münster Marathon 2017 Start und Führungsfahrzeug
Die ersten Meter des Münster Marathons 2017 noch vor dem Rennen.

Nach 1:50 Stunden legte ich die erste kleinere, ernsthafte Gehpause ein. Ich konnte irgendwie nicht mehr. Die Zeit und Distanz zu diesem Zeitpunkt war gar nicht so schlecht. In zehn Minuten sollte ich die 28 km-Marke passieren, wenn ich die Sub-3 schaffen will. Bis dorthin hatte ich nicht mehr ganz 2,5 Kilometer – das war theoretisch durchaus machbar. Das Tempo, die Anstrengung, die Aufregung vor dem Lauf, die ersten paar Kilometer die viel zu schnell waren – jetzt schlugen sie ein. Meine Beine spielten noch locker mit, aber irgendwie hatte ich so ein beklemmendes Gefühl in der Brust. Mir kam es so vor als würde ich nicht genug Luft kriegen, als könnte ich nicht tief genug einatmen. Es fühlte sich an wie so eine Art leichter Muskelkater, der von der Brust in die oberen Bauchmuskeln bis hin in die Arme und den Halsansatz ging. Ich hatte irgendwie Schiss davor, dass mein Brustkorb explodiert, wenn ich so weiter laufe. Ich brauche eine Gehpause. Jetzt. Sofort. Oh! Zum Glück ist da ein Getränkestand.

If you’re going through hell, keep on going.

Diese kleine Pause hatte erst mal gereicht. Ich lief weiter und weiter und passierte tatsächlich nach ziemlich genau 2 Stunden das Kilometerschild mit der 28. Daraus schloss ich, dass ich bis jetzt nur einen Rückstand in Höhe zwei Dritteln von 195 Metern auf die drei Stunden hatte. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ausrechnen, wieviel das genau war – aber es klang verdammt wenig. Es sind 130 Meter und wahrlich nicht viel.

Das Spiel wiederholte sich auf den folgenden Kilometern. Von Kilometer 25 bis 30 legte ich so drei kleinere Pausen ein und mein hauchdünner 20-Sekunden-Vorsprung schmolz zu einem einminütigen Rückstand dahin. Ich versuchte mir vorzustellen, wie ich über den roten Teppich vor dem Ziel laufen würde und wie Kerstin im Zielbereich auf mich wartet und mich dort empfängt. Ich wollte sie nicht unnötig lange warten lassen und brach so meine Gehpausen meistens ganz zügig ab und lief weiter. Es folgten einsamere Streckenabschnitte. Durch die Felder hindurch gab es nur wenige Zuschauer. Dafür aber umso mehr (Gegen-) Wind und immer einen leichten Anstieg. Eine wundervolle Kombination: Gegenwind und bergauf!

Münster Marathon 2017 auf dem Weg zum Start
Auf dem Weg zum Start des Münster Marahton 2017 – es war viel los, aber es war nie wirklich voll.

Die restlichen 12 Kilometer ähnelten eher einem Intervallauf. Ich glaube, ich habe bei jedem Verpflegungsstand ein kurzes Gehpäuschen eingelegt. Dazwischen versuchte ich auch immer wieder ein kurzes Stück zu gehen und den Puls runter zu kriegen. Aber die Zuschauer und die Stimmung am Rand ließen das nicht wirklich zu. Ich habe mich bei noch keinem Lauf bisher so sehr von den Zuschauern getragen gefühlt, wie in Münster!

Nach Kilometer 30 fing ich dann an, meine Vorderleute einzusammeln. Einen nach dem anderen, die ich zuvor ziehen lassen musste, überholte ich. Die meisten waren genau so ko wie ich un gingen stückweise. Ich versuchte mit letzter Kraft aufzumuntern und versuchte sie aufzumuntern Hey, keine 10 Kilometer mehr, das packst du! oder Die letzten 20 Minuten kannst du jetzt auch noch laufen, los jetzt!

Dazwischen war auch einer der Pacemaker für die 3 Stunden. Er hatte seinen Ballon abgehängt und trabte locker dem Ziel entgegen. Kurz danach überholte ich eine Frau. Ich dachte, sie wäre Staffelläuferin, denn sie war gefühlt in einem Sechser-Schnitt unterwegs. Später stellte ich dann fest, dass sie die siebte Frau im Ziel war.

Das war aber bereits auf dem Weg in die Stadt, als ich die Distanz nicht mehr´in Kilometern, sondern in Metern herunter zählte. Noch 2.500 Meter, noch 1.800 Meter, Noch 1.200 Meter.

Münster Marathon 2017 Zielbereich
Zielbereich beim Münster Marahton 2017

Der letzte Kilometer war echt am schönsten. Die Strecke war umzäunt und umsäumt von Zuschauern. Alle jubelten, schrien, feuerten an – es war einfach unglaublich! Die Begeisterung der Zuschauer habe ich noch nie so intensiv gespürt wie bei diesem Lauf. Sie hat sich regelrecht auf mich übertragen. Ich wäre gerne etwas schneller gelaufen, aber ich konnte nicht. Ich starrte immer wieder auf den Boden und versuchte auf dem Kopfsteinpflaster nicht unglücklich aufzutreten. So kurz vor dem Ziel umzuknicken – das wollte ich nicht riskieren!

Dann kam der rote Teppich, nur noch wenige Meter, bis es geschafft war. Die Uhr über dem Zielbogen näherte sich unermüdlich der 3:05. Ich unternahm nicht einmal den Versuch, noch für ein paar letzte Schritte anzuziehen und vorher durch zu laufen. Es war egal, die 3 Stunden waren weit weg, aber die Qualifikationszeit für den Boston Marathon von 3:10 war mir nicht mehr zu nehmen – es sei denn ich breche jetzt zusammen und bleibe mindestens fünf Minuten lang liegen.

Münster Marathon 2017 Zielbereich
Zielbereich beim Münster Marahton 2017

Ein Tastendruck auf die Uhr und es war beendet. Ich ging zügig in den Zielbereich, ließ mir die Medaille umhängen und erwiderte die begleitenden Glückwünsche mit einem zittrigen Dankeschön!

Auf einmal brach es über mich herein: Die Enttäuschung darüber, die 3-Stunden-Marke nicht geschafft zu haben, die Freude darüber, die Qualifikationszeit für den Boston Marathon deutlich unterboten zu haben, die grandiose Stimmung während des Münster Marathons, die mich durch das letzte Drittel getragen hat. In diesem Moment schossen mir die Tränen aus den Augen und der Rotz aus der Nase. Ich versuchte gar nicht, dagegen anzukämpfen, denn es fühlte sich irgendwie richtig an.

Eine Minute später war dann auch wieder gut. Ich nahm zum ersten mal den Zielbereich bewusst wahr. Es war kaum jemand hier. Ein paar Läufer, die Läuferin die ich kurz zuvpr überholt hatte – aber jede Menge Helfer hinter den Ständen. Gemütlich watschelte ich zum Obststand und nahm mir ein Stück Orange, biss rein und … boah, war das lecker! Noch eine! Erst beim Humpeln zum Bierstand merkte ich, wie steif meine Beine waren. Ich holte mir eine alkoholfreie Gerstensaftschorle und setzte mich auf eine der Bänke am Rand.

Münster Marathon 2017 Zielbereich
Zielbereich beim Münster Marahton 2017

Die Uhr über dem Ziel zeigte 3:12 an. Ich war also bereits sieben Minuten hier – was war in der Zeit eigentlich passiert? Ich konnte es noch nicht so richtig fassen und war noch nicht ganz wieder bei mir. Das Telefon klingelt, es war Kerstin.

Sie fragte, ob ich es geschafft hätte. Ich gab meine Zeilzeit durch und fragte, wo sie denn wartet. Sie war noch unterwegs, es liefe auf eine 4:20 bis 4:30 hinaus. Okay, genug Zeit für mich, um zu duschen, mich um zu ziehen und auf sie im Ziel zu warten.

Gesagt, getan! Ich holte mein echtes Finisher-Shirt im Zielbereich ab und machte mich auf den Weg in Richtung der Duschen. Wie wunderbar leer es hier war! Ich glaube, das mache ich jetzt immer. Im Zielbereich war alles easy, kein Gedränge, kein Stress – in den Duschen genau so wenig. Lediglich das Massage-Zelt war schon voll belegt. Die Schlange war mit fünf Wartenden zwar noch sehr kurz, für mich aber trotzdem zu lang. Ich hatte meinen Physio-Termin ja eh am Dienstag.

Dank der Live-Track-Funktion der Garmin Uhr wusste ich, wo sich Kerstin in etwa gerade befand. Das Ding hängt zwar manchmal ein oder zwei Minuten nach, aber das konnte ich jetzt wieder gut einkalkulieren. Es blieb mir noch genug Zeit, meine Sachen im Auto zu verstauen und dann erst Richtung Ziel zu gehen.

Der rote Teppich in Münster beim Zieleinlauf.

Ich wollte mich an den roten Teppich stellen, aber der Weg hier hin war sehr eng und voller Menschen. Hier herrschte jetzt regelrechtes Gedränge. Als ich in den angrenzenden Zielbereich schaute, war ich froh, dass ich bereits so früh angekommen war. Denn hier war es jetzt auch richtig voll und die Läuferinnen und Läufer mussten anstehen, um an ihre Banänchen und Bierchen zu gelangen.

Etwa 50 Meter vor dem Ziel fand ich ein kleines Plätzchen direkt am Zaun am roten Teppich. Das gejubele und gekreische der Zuschauer war hier noch lauter, als auf dem roten Teppich selbst. Wahnsinn, wie alle noch auf den letzten Metern angefeuert wurden! Ich wartete keine fünf Minuten, bis Kerstin angelaufen kam. Voll konzentriert lief sie in der Mitte der Straße. Ich rief ihr ein paar mal zu, bis sie mich bemerkte. Da war sie schon an mir vorbei, drehte sich aber um, winkte und … ich glaube sie hat kurz überlegt, ob sie zurück laufen soll. Sie entschied sich aber dagegen, was auch vernünftig war. Auf den letzten Metern noch einmal quer durch die Läufer entgegen der Laufrichtung Slalom zu laufen ist sicher nicht die beste Idee.

Zielverpflegung beim Münster Marathon

Obwohl am Ausgang Security stand, die das eigentlich verhindern sollte, konnte ich mich im Gedränge der Leute unbemerkt zurück in den Zielbereich mogeln. Ich suchte Kerstin, wir fanden und umarmten uns. In diesem Moment hatte ich das Gefühl, als wären wir den Marathon zusammen gelaufen und zusammen durchlitten. Ihr ging es ähnlich wie mir: Sie war froh und enttäuscht zugleich, war körperlich ziemlich ko. Immerhin war sie ja auch sage und schreibe 90 Minuten länger unterwegs als ich, eine Stunde länger als geplant. Die Boston Qualifikation hat sie damit weit verfehlt. Trotz aller widrigen Umstände hat sie ihr Rennen beendet und dabei ihre eigenen Erinnerungen und Erfahrungen gesammelt.

Wie es jetzt mit unserer Boston-Planung weiter geht, werde ich in den kommenden Tagen erzählen. Wir müssen uns dazu erst einmal selbst Gedanken machen. Es ist schon irgendwie blöd, wenn einer das schafft und der andere nicht. Und es ist ja nicht so, als hätten wir für des kommende Jahr mit dem Rennsteig Supermarathon und der Mauerweglauf-2er-Staffel noch keine umfangreicheren Sachen geplant.

Münster war auf jeden Fall mein bisher schönster Marathon. Mal abgesehen davon, dass ich meine Bestzeit um 17 (!) Minuten unterbieten konnte, war die Stimmung einfach nur unbeschreiblich grandios. Es ist ein überschaubarer Stadt-Marathon mit verhältnismäßig wenigen Teilnehmern, einer kleinen, schnuckelige Messe, ohne viel Stress und Gedrängel vor und nach dem Lauf. Zudem ist der Münster Marathon mit seinen paar-und-50 Euro auch durchaus überschaubar im Preis. Die größte (und für mich persönlich beste) Überraschung: In Münster gibt ein echtes Finisher-Shirt, sogar im Preis inbegriffen ist. Das heißt, man bekommt das Shirt nur, wenn man auch das Ziel erreicht.

Die Strecke ist sehr abwechslungsreich. Die Stellen, an denen es läuferisch langweilig werden könnte, werden dank des großartigen Publikums zu einem kleinen Highlight. Da es beim Lauf immer wieder leicht bergauf oder bergab geht, ist der Münster Marathon aber nur wenig für eine Bestzeitenjagd geeignet. Zumindest nicht dann, wenn man vorhat sich nur um eine Hand voll Minuten zu verbessern – das könnte hier scheitern. Trotzdem kann ich mir vorstellen, in Münster erneut zu laufen und erneut die Sub-3 anzugreifen. So viel hat ja gar nicht gefehlt. Ich möchte nur nicht darüber philosophieren, wie ich wohl auf einer flacheren, schnelleren Strecke abgeschnitten hätte!

Alle Fotos von meinem Münster Marathon 2017

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