Frei, frei, endlich frei! Schon lange hatte ich das Gefühl, dass mit meinem iPhone etwas nicht stimmt. Denn mein iPhone begann, sich mir zu widersetzen und ein merkwürdiges Eigenleben zu entwickeln. Nach und nach wuchs in mir die Gewissheit: Es kann nur besessen sein! Aber jetzt, nach jahrelangen Versuchen mich in den Wahnsinn zu treiben, habe ich es endlich geschafft, mich von diesem bitterbösen und hundsgemeinem Dämon los zu eisen. Ich habe den Schritt gewagt und gewechselt. Kein iPhone mehr. Nein. Denn nachdem sich der hasserfüllte Dämon in meinem iPhone ausgebreitet und mich mit seinem Unwesen in den Wahnsinn zu treiben drohte, habe ich die Reißleine gezogen und bin ich zur Konkurrenz übergelaufen. Jetzt ist es ein Nexus 5. Von Google, bzw. von LG. Ich lasse mich jetzt also von „den anderen“ ausspionieren und mobben. Aber Google weiß ja eh schon alles von mir, daher sehe ich hier kein zusätzliches Risiko. Das Nexus 5 ist also das neue Ding, mit dem ich mich in Zukunft umärgere. Aber vorher will ich noch ein bisschen erzählen. Vom bösen Dämon in meinem iPhone.

Es begann ganz langsam

Der bösartige Dämon wurde Stück für Stück mit jedem iOS-Update ausgeliefert. Scheibchenweise, so war wohl die Taktik, sollte er mich in den Wahnsinn treiben. Zuerst ein bisschen, dann immer mehr. Das erste Stück des hinterlistigen Dämons kam etwa ein Dreivierteljahr nach der Inbetriebnahme. Er spukte im Home-Button herum. Zuerst wollte der Button nur manchmal nicht reagieren. Dann immer öfter. Und am Ende hat er auch nicht einfach nur mal bei einem Klick nicht reagiert. Nein, manchmal musste ich vier, fünf, sechs, acht, zwölf mal drücken, bis ich aus einer App wieder herauskam. Ich dachte mir:

Ärgerlich, ich hatte ein halbes Jahr Garantie und da war nichts. Jetzt ist dieser Scheiss Knopf kaputt, den ich beim Genius [beabsichtigtes Wortspiel, Anm. d. Red.] für teuer Geld gegen ein komplett neues Gerät tauschen lassen müsste.

Es gab Phasen, da hatte ich das Gefühl, ich bekäme deshalb Blasen am Daumen. So wie damals, als es diese neue Spielekonsole gab. Oder damals, als die Telefone noch echte Tasten hatten und irgend jemand herausgefunden hatte, man könne damit auch Textnachrichten verschicken. Denn nicht nur das häufige Drücken auf diesen Knopf haben dem Daumen zugesetzt. Auch das irrsinnige und aberwitzige Verhalten, das damit einher geht: Warum tauschen? Wenn der Knopf nicht geht, drück einfach döller! Das (TV-) Fernbedienungssyndrom eben. Ich habe dann die Bedienungshilfe „Assestive Touch“ aktiviert, um den Home-Button auch über das Touch-Display benutzen zu können. Es war ein recht hilfloser Versuch, den Dämon zu überlisten. Denn auch hier funkte er später einfach dazwischen.

Mit dem Update auf iOS7 wurde der gehässige Dämon auf meinem Gerät endlich vervollständigt und er konnte den Besitz über das iPhone ergreifen. Ähnlich wie bei meinem vorherigen iPhone, das auch schon besessen war. Der Dämon damals kam mit dem iOS4 und legte meine WLAN-Antenne lahm. Ein Schelm, wer böses dabei denkt und diese Ereignisse in einen Zusammenhang bringt. Der neue Dämon brauchte in meinem iPhone aber ganz schön viel Platz, hat sich richtig breit gemacht und es massiv ausgebremst. Denn ab jetzt liefen meine Apps immer langsamer. Oder besser: Sie brauchten immer länger zum Starten. Mit „lange“ meine ich nicht, dass die Apps statt zwei Sekunden nun fünf Sekunden brauchten. Nein. Dass der hässliche Dämon die Performance meines iPhones nutzte, um sich selbst zu nähren, hatte ich schon vorher gemerkt – aber zu jenem Zeitpunkt war mir noch nicht bewusst, dass mein iPhone besessen war. Mit der Vervollständigung des boshaften Dämons verlangte er mir aber beim starten der Facebook- oder Google-Drive App gefühlte 30 Sekunden Wartezeit ab, bevor er irgendetwas anderes darstellte, als einen blauen Balken am oberen Bildschirmrand oder das Google-Logo.

Dann begann der frevelhafte Dämon sich beim Schreiben von SMS einzuklinken. Er hat einfach gewartet, die Buchstaben einzugeben, bis ich den Satz zu Ende geschrieben hatte. Dabei versuchte er dann, mir Buchstaben dazwischen zu schummeln. Ich glaube, das waren die ersten Versuche einer Kontaktaufnahme. Aber ich konnte seine Botschaften nicht verstehen.

Der Dämon hatte Spaß daran, mich zu quälen

Einmal kam der böse Dämon, als ich an einer Straßenkreuzung stand. Ich merkte, dass ich den Weg, den ich fahren wollte, doch nicht so gut kannte, wie ich beim Losfahren dachte. Und getreu des markenrechtlich geschützten Werbespruches der Sekte, die mir diesen Dämon aufs iPhone lud, wollte ich die NAVIGON-App nutzen, um mich zum Ziel zu führen. Nur leider verhinderte der gehässige Dämon fast zwei Ampelphasen lang, dass es einsatzbereit war. Nicht nur, dass er eine gefühlte Ewigkeit das Splash-Screen einblendete. Denn nur, weil das Menü bereits auf dem Display erschienen war, konnte ich es noch lange nicht benutzen. Der Dämon wollte offensichtlich nicht, dass ich an meinem Ziel rechtzeitig ankomme.

Mich mit NAVIGON in den Wahnsinn zu treiben, daran hatte der Dämon scheinbar irrsinnig viel Spaß. Denn ich habe im Auto immer Musik laufen. Und zwar nicht vom blöden eingebauten Autoradio, sondern vom iPhone. Und wenn ich vom NAVIGON in die Podcasts- oder Musik-App wechselte, um ein anderes Lied, eine andere Playlist oder ein anderes Album auszuwählen, wurde der heimtückische Dämon aktiv. Nachdem ich nämlich in die Musik-App wechselte, startete er im Hintergrund einfach NAVIGON neu. Oder beendete es. Wenn ich zurück wechselte, landete ich auf jeden Fall erst mal wieder beim Splash-Screen. Wenn der abscheuliche Dämon gnädig war, wusste NAVIGON noch, wohin es mich führen sollte und startete die Route neu. Wenn er viel Spaß wollte, durfte ich den ganzen Quark noch mal eingeben. Der mürrische Dämon hat das aber nicht nur bei NAVIGON gemacht. Auch andere Apps hat er im Hintergrund einfach neu gestartet. Aber nur wenn er wusste, dass ich gleich wieder zurück wechseln würde.

Wehe, jemand anderes wollte mit mir kommunizieren

Der widerwärtige Dämon mochte außerdem nicht gestört werden. Schon gar nicht durch Anrufe. Er ließ die Anrufer mindestens drei mal klingeln, bevor er sie überhaupt zu „seinem“ Gerät durchstellte. Oft ließ er mich Anrufe annehmen, bei denen Anrufer schon längst wieder aufgelegt hatte. Denn er hatte unglaublichen Spaß daran, es einfach immer weiter klingeln zu lassen um dann mein blödes Gesicht zu sehen, wenn ich den Anruf entgegen nahm und gar niemand mehr dran war. Und wenn ich es dann doch einmal rechtzeitig schaffte einen Anruf anzunehmen, hat der Dämon trotzdem regelmäßig das Benachrichtigungssymbol für einen entgangenen Anruf bei der Telefon-App angezeigt. Er liebte es einfach, mich verrückt zu machen.

In der Kamera-App hat der zänkische Dämon auch ein muggeliges Heim gefunden. Denn immer dann, wenn ich mal ein Bild von einer tollen Szene machen wollte, bremste er die App so lange aus, bis die Szene vorbei war. Und wenn seine Kraft dazu nicht ganz ausreichte, weil mein Wahnsinns-o-Meter wieder im grünen Bereich war, dann bremste er den Auslöser. Dieser ging dann entweder gar nicht, oder erst dann, wenn ich das iPhone schon längst wieder in eine andere Richtung gehalten habe. Oder es bereits wieder in der Hosentasche steckte.

Er übernahm fast die ganze Macht über mein iPhone

Mit der Vervollständigung des niederträchtigen Dämons auf meinem iPhone, ergriff er auch die Macht über mein Display. Und dabei war er ganz hinterlistig: Denn die Anzeige blieb ganz normal. Aber das Touch-Verhalten, das beeinflusste er. Zuerst nur an kleinen Stellen, da dachte ich in meiner jugendlichen Naivität noch an vereinzelte „Fehlerchen“. Zumal der Dämon raffiniert genug war, die Stellen auf dem Display nicht immer zu blockieren, sondern nur manchmal. Und so dachte ich mir zunächst auch nichts dabei, dass das Display vereinzelt nicht auf meine Berührungen reagierte. Aber mit zunehmender Zeit gewann er immer größere Macht und behinderte und kontrollierte immer größere Flächen auf dem Display.

Inzwischen hat der teuflische Dämon so viel Macht erlangt, dass ganze Bereiche quer über das Display nicht reagieren. Und damit er dabei noch mehr Spaß dabei hat, wechselt er die Bereiche regelmäßig ab. Da blockiert er mal die obere Zeile, etwa genau einen Finger breit, direkt unterhalb der Statusleiste. Beim Browser ist das der Bereich, wo man die Adresse eingibt. Oder wo man bei der Facebook-App das Eingabefenster für eine neue Statusmeldung aufruft. Andere Male schaltet er einfach die unterste Zeile ab. Auch etwa genau einen Finger breit. Das ist da, wo sich die Leerzeile auf der Tastatur befindet. Oder wenn man das tolle neue Menü zum Einschalten des Flugmodus oder der Taschenlampe aufswipen und benutzen will. Auch wenn man eine SMS schreibt und die Tastatur verborgen ist, muss man in diesem Bereich auf die Eingabezeile drücken. Aber der übel wollende Dämon wollte nicht, dass ich SMS schreibe. Denn auch bei den von ihm veränderten Nachrichten hat er verhindert, das ich die Tippfehler korrigieren kann – das Display ging ja nicht richtig.

Er sucht mich täglich heim

Am häufigsten – mittlerweile eigentlich nahezu immer – deaktiviert der fiese Dämon genau den Bereich in der Mitte des Displays. Das ist tückischerweise genau der Bereich, wo sämtliche Webseiten und Apps ihren „Login“-Button haben. So habe ich entweder keine Chance, vom Benutzernamen- ins Passwort-Feld zu wechseln und/oder den „Login“-Button zu drücken. Manchmal kann ich diese mit Hilfe der Tastatur-Navigation umgehen. Aber nur manchmal, denn nicht alle Apps bzw. Webseiten erlauben, mit Hilfe der Tastatur die Felder zu wechseln (Tab-Taste) bzw. ein Eingabeformular abzusenden (Return-Taste).

Und dann ist da noch das Swipen. Der scheußliche Dämon weiß natürlich genau, dass das nicht richtig geht, wenn das Display genau in der Mitte keine Berührung mehr registriert. Da kann ich wischen wie ein Curling-Olympionik, da geht überhaupt nichts. Keine Aktualisierung der Liste in der was-auch-immer App, kein Scrollen. Es sei denn ich überrasche den Dämon in einem Moment seiner Unaufmerksamkeit und schaffe es, in den 2cm darunter oder darüber eine halbwegs gescheite Wischbewegung von oben nach unten zu machen. Und das ist mit meinen Wurstfingern nicht gerade einfach. Der Dämon lässt das aber nur zu, wenn er gerade nicht aufpasst und mir nicht statt dem Wischen einen Tastendruck unterjubelt. So hat er mich schon einmal dazu genötigt, geschlagene fünf Minuten in seiner Lieblings-App damit zu verbringen, eine Adresse aus der Favoriten-Liste auszuwählen.

Die Musik- oder besser: Podcasts-App, denn Musik aus der Bibliothek höre ich nur recht selten, fand der Dämon auch sehr heimelig. Zumindest hat er sich hier permanent ausgetobt. Vielleicht auch desshalb, weil es wohl die App ist, die am häufigsten lief. Hier hat er einfach mal mitten im Abspielen andere Lieder ausgewählt, vor- oder zurück gespult, neue Listen angelegt oder die App ganz beendet. Natürlich hat er mir auch hier das Display teilweise abgeschaltet, um mich dem Wahnsinn ein Stück näher zu bringen.

Aber ich begann mich zu wehren

Und weil der ruchlose Dämon so unberechenbar zuschlägt, dann aber mitunter recht hartnäckig sein kann, habe ich sogar die PIN-Abfrage für das Lock-Screen deaktiviert. Denn diesen Erfolg wollte ich ihm nicht gönnen, dass ich wegen ihm den PIN 15 mal falsch eingebe und das iPhone gelöscht wird.

Mittlerweile hat der bitterböse Dämon alle Bereiche des Displays immer mal wieder unter seiner Kontrolle. Wenn ich eine App öffnen will, drückt er einfach mal die daneben, oder die darunter, oder er schließt den App-Ordner. Oder er drückt bei Emails mitten im Satz auf „Senden“. Aber manchmal, wenn ich eine SMS schreiben will, dann schickt er mir Botschaften. Aus der Hölle.

nnccccCÖbbbbvxX13

Mit einem Klick auf die Tastensperre kann ich ihn bisher meistens zur Raison rufen. Manchmal für eine ganze Weile, manchmal nur für zwei geschriebene Halbsätze. Aber damit er nicht zu mächtig wird, hole ich mir aus dem Werkzeugkasten einen ganz großen Hammer und bringe den widerwärtigen Dämon in meinem iPhone für immer zum Schweigen. So, wie es viele andere vor mir auch schon getan haben.

2 Kommentare

  1. Bei den vielen Dämonen, die bei deinem Iphone auftauchen, hätte ich mir schon längt ein neues geholt. Ist doch am Ende alles ziemlich ärgerlich.

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.