In meinem Job bin ich salopp gesagt „der Typ aus dem Internet“ und kümmere mich um alles, was in irgend einer Form mit den Onlineauftritten der Firma zu tun hat. Aber darüber hinaus bekomme ich auch mit gewisser Regelmässigkeit Anfragen zu Themen, die damit nicht direkt in Verbindung stehen. So wurde vor kurzem an mich die Frage heran getragen „Was passiert mit unseren Bildern, die wir zu unseren Produkten bei Amazon hochladen?

justicia

„justicia“. Hochgeladen von ch_stencil bei Flickr.
Lizensiert unter

Dazu muss man wissen, dass wir am so genannten Vendor-Central-Programm bei Amazon teilnehmen. Hier kann man als Hersteller seine Produkte bei Amazon rein stellen, Amazon bestellt diese dann, lagert sie gegebenenfalls ein, liefert die Produkte dann an die Käufer aus und fakturiert sie. Um an diesem Programm teilzunehmen, braucht man eine Einladung.

Die Aufgabe, die ich bekam, bestand nun darin, „einmal zu recherchieren„, was Amazon denn alles mit den Produktfotos, die wir für teuer Geld produzieren lassen, anstellen darf. Außerdem sollte ich heraus finden, was damit alles passieren kann, wer die Bilder nutzen kann und darf (das ist nicht das gleiche!) und welche „Handhabe“ wir im Zweifel haben, um unsere Bilder vor der Verwendung von Dritten zu „schützen“.

Nun, besonders der letzte Teil der Frage ist relativ einfach zu beantworten. Wenn ihr wollt, dass eines eurer Bilder nicht „entwendet“ wird, also nicht von Dritten vielleicht sogar kommerziell benutzt wird, dann gilt nur die päpstliche Regel: Die einzig 100%ig sichere Verhütungsmethode ist Abstinenz! Also stellt das Foto gar nicht erst rein. Wenn es einmal im Netz ist, habt ihr keine wirkliche Kontrolle mehr darüber, was damit passiert. Zwar gibt es Mittel und Wege gegen ungewollte Nutzung vorzugehen, die auch die Gerichte mittlerweile bereit sind durch zu setzen. Aber am Ende ist man selbst immer derjenige, der dafür sorgen muss dass dies auch passiert. Ist alles also eine einfach Aufwand-Nutzen-Rechnung. Und meiner Meinung nach ist für eine einfache Privatperson der Aufwand einfach zu hoch.

Disclaimer: Dieser Artikel ersetzt keine juristische Beratung! Wenn du für deinen speziellen Fall eine fundierte Aussage wünschst oder sogar brauchst, dann wende dich bitte an den Anwalt deines Vertrauens.

Die beiden Amazon-Modelle für Verkäufer

Amazon bietet zwei Möglichkeiten, Produkte dort einzustellen und anzubieten: „Marketplace“ (auch Seller Central genannt) und Amazon „Vendor Central“. Der Amazon Marketplace ist überwiegend für Privatpersonen und kleine Händler gedacht, die Amazon als Plattform für den Verkauf nutzen. Beim Marketplace bleibt die Verkaufsabwicklung (Versand und Berechnung) beim Marketplace-Nutzer. Beim „Vendor Central“ wird die Lieferung und Berechnung der Käufer (Endverbraucher) im Regelfall durch Amazon durchgeführt, der Händler bzw. Hersteller liefert seine Waren an ein Amazon-Lager und rechnet mit Amazon selbst ab. Wichtig zu wissen: Für die beiden Verkaufsmodelle bei Amazon gelten unterschiedliche AGB (AGB vom Marketplace, Amazon-AGB für Vendor Central). Da wir daran teilnehmen, habe ich mich für meine Einschätzung natürlich den Allgemeinen Geschäftsbedindungen für Amazon Vendor Central gewidmet.

Auszug aus dem aktuellen AGB von Amazon Vendor Central

2. Produktabbildungen/-informationen: Der Lieferant stellt Amazon kostenlos alle aktuellen Informationen über die Produkte zur Verfügung, einschließlich elektronischer Abbildungen, empfohlener Verkaufspreise (UVP), Alterseinstufungen, jedwede für Verbraucher gesetzlich vorgeschriebene Produktsicherheitsinformationen sowie Informationen, die Amazon auch von der Website des Lieferanten beziehen kann („Produktinformationen“). Der Lieferant wird jeweils Aktualisierungen der Produktinformation bereitstellen. Der Lieferant gewährt Amazon eine nichtausschließliche, weltweite, unbefristete, unwiderrufliche und unentgeltliche Lizenz zur
(a) Nutzung, Vervielfältigung und Darstellung der Produktinformationen auf oder im Zusammenhang mit einer beliebigen Website (oder einem ähnlichen E-Commerce- Vertriebsweg),
(b) Umwandlung in eine digitale elektronische Form, Erstellung von Auszügen, Umformatierung, Anpassung oder sonstigen Erstellung abgeleiteter Werke der Produktinformationen,
(c) Nutzung und Verwertung aller in den Produktinformationen enthaltenen Marken oder Handelsnamen sowie
(d) Unterlizenzierung der vorstehenden Rechte.

Quelle: Amazon-AGB für Vendor Central, Abruf am 10.04.2014. Umbrüche zur besseren Lesbarkeit eingefügt.

Zusammenfassung

Erst mal das wichtigste: Ein Urheberrecht kann nicht übertragen werden. Es kann lediglich eine Nutzungslizenz vereinbart werden. Art und Umfang dieser Nutzungslizenz(en) sind relativ „frei verhandelbar“.

Die an Amazon übertragende Nutzungslizenz erstreckt sich nicht nur über Bilder, sondern auch über Produktbeschreibungen / -beschreibungstexte. Die eingeräumte Lizenz ist

  • nichtausschließlich
    Bedeutet: Amazon ist nicht alleininger Inhaber einer Lizenz für die Nutzung des Lizenzgegenstandes. Oder: die Nutzung des gleichen Lizenz-Gegenstandes (in diesem Fall Bild, Text) darf auch anderen in identischer Form erlaubt werden.
    Vgl. Wikipedia: Lizenz, Abschnitt „Arten von Nutzungsrechten“, Abruf am 10.04.2014
  • weltweit
    Bedeutet: Amazon darf die zur Verfügung gestellten Bilder und Texte in jedem Land dieser Welt nach eigenem Ermessen verwenden.
  • Unbefristet
    Bedeutet: Die Lizenz läuft niemals aus.
  • Unwiderruflich
    Bedeutet: Die Lizenz kann vom Lizenzgeber (uns) nicht widerrufen oder zurück gerufen werden. Eine einmal erteilte Lizenz gilt somit „für immer und ewig“.
  • Unentgeltlich
    Bedeutet: Amazon zahlt keine Lizenzgebühren an den Lizenzgeber.

Welche Rechte räumt Amazon sich also ein?

Die eingräumten Rechte erlauben es Amazon, die eingestellten Texte oder Bilder kostenfrei weiter zu verwenden, zu ändern, zu drucken, im Internet („oder einem ähnlichen E-Commerce Vertriebsweg“) zu vervielfältigen oder z.B. auf CD-Roms zu veröffentlichen.Quelle: Vgl. LG Köln zur Bildnutzung bei Amazon: Rechteübertragung an Amazon ist zwar unwirksam, Bildnutzung in ASINs ist aber dennoch zulässig – www.internetrecht-rostock.de, Abruf am 10.04.2014

Auch eine Verwendung zu Werbezwecken ist nicht ausgeschlossen, so dass es durchaus denkbar ist, dass ein Amazon-Händler ein von ihm kostenintensiv gefertigtes Werbebild plötzlich in einer Werbeanzeige von Amazon wieder findet.

Quelle: ebenfalls via www.internetrecht-rostock.de, Abruf am 10.04.2014

Das Zusammenspiel der unterschiedlichen Systeme von Amazon

Im System von Amazon ist es möglich, dass (Marketplace-) Händler, die ein Produkt unter einer bestehenden ASIN, ISBN oder EAN einstellen, auf die bereits in der Datenbank vorhandenen Bilder und Produktabbildungen zurück greifen und diese für ihr eigenes Angebot benutzen. Dies wird sogar von Amazon forciert. In bestimmten Produktkategorien (Schuhe und Taschen) ist es sogar nicht möglich, Produktabbildungen hochzuladen, da Amazon sich vorbehält, diese selbst zu erstellen (zu fotografieren) und für die Produkte zu verwenden. Amazon möchte damit ein einheitliches Erscheinungsbild und eine einheitliche Abbildungsqualität sicher stellen. In der Vendor-Central FAQ heisst es dazu:

Wo kann ich Bilder für die Kategorie Schuhe und Handtaschen hochladen?

Für die Kategorie Schuhe und Handtaschen werden alle Produktbilder in den Amazon-eigenen Fotostudios erstellt. Um eine einheitliche Darstellung der Produkte zu gewährleisten, ist die Funktion zum Hochladen von Bildern in Vendor Central nicht verfügbar. Bitte beachten Sie, dass die Bilder erst erstellt werden können, sobald die Ware auf Lager ist.

via Amazon Vendor-Central FAQ, nur für eingeloggte Nutzer sichtbar.

Um dies heraus zu finden, habe ich in einem Test mit meinem (privaten) Marketplace-Konto eines unserer bestehenden Produkte mit der entsprechenden ASIN versucht einzustellen. Amazon hat das Produkt anhand dieser ASIN auch direkt gefunden. Nachdem ich es dann ausgewählt habe, wurde ich zur Seite mit den Angebotsdetails weiter geschickt. Hier konnte ich lediglich den Verkaufspreis, die Lieferkosten und -zeit und die Informationen zum Artikelzustand, der Angebotsmenge und des Angebotszeitraums angeben. Alles andere, also Produktabbildungen und Produktbeschreibung und weitere Angaben (Suchbegriffe, „weitere Details“) konnte ich nicht ändern. Hier erschien immer der Hinweis „Dieser Abschnitt ist deaktiviert, da Sie ein Angebot zu einer bereits bestehenden ASIN eingeben.

Amazon denkt zuerst an die Nutzererfahrung

Das mag vielleicht der eine oder andere Verkäufer nicht so gern, denn er hat so keine Möglichkeit mehr in den Beschreibungstext einzugreifen und diesen vielleicht nach SEO-Gesichtspunkten zu verbessern. Aber wenn man mal ein wenig darüber nachdenkt, ist ganz klar, warum Amazon das so macht: Es dient der Usability für die Endverbraucher (Käufer), da so im Gegensatz zu z.B. e-bay nicht ein und das selbe Produkt mehrfach bei Amazon gelistet wird, sondern im Idealfall nur ein einziges Produkt (mit entsprechender „Katalog“-seite) existiert und dieses Produkt bei mehreren unterschiedlichen Händler (zu unterschiedlichen Konditionen) gekauft werden kann, siehe Abbildung unten. So können Produkte gezielt über die EAN, ISBN oder ASIN gesucht und gefunden werden.

Aber Amazon hat auch mittlerweile das Problem, dass sich Händler weigern, die bereits existierenden Produkteinträge zu benutzen und statt dessen lieber das x-te Produkt mit einem leicht unterschiedlichen Titel/Namen anlegen. Wenn ich da manchmal so durch scrolle komme ich mir echt vor, wie bei ebay. Denn die Produkttitel sehen teilweise genau so aus, wie ich sie dort erwarten würde.

Aber mir persönlich wäre es lieber, ein einzelnes, zentrales Produkt mit hunderten Händlerangeboten zu haben, als mich so durch mehrere hundert Produktlistings durch zu scrollen, die am Ende eh alles das gleiche haben. Und wie wir wissen: „The best place to hide a dead body is on page 2 of Google.“ – Aber ich glaube das ist genau der Grund, warum Händler die Listings bei Amazon noch mehr zu müllen. Damit sie ja irgendwie auf Seite 1 landen – dabei wäre das ja recht einfach, wenn sich alle immer die existierenden ASIN nützen würden. Naja, aber das ist ein anderes Thema.

In der Amazon mobil-App kann (das entsprechende Gerät vorausgesetzt) sogar ein ISBN- oder EAN-Barcode gescannt werden, der dann wiederum zur entsprechenden Seite des Produktes auf Amazon führt. Dies setzt jedoch voraus, dass Händler das Produkt bei der korrekten ISBN / EAN / ASIN gelistet haben.

Zudem können Bilder zu Produkten auch von „normalen“ Usern (Käufern) hochgeladen und zusätzlich beschriftet werden.

Screenshot Amazon Produktseite
Ein „einziges“ Produkt, von mehreren Händlern zu unterschiedlichen Konditionen angeboten. Bilder und Text sind jedoch immer gleich.

Verwendung der Produktinformationen durch Dritte

Eine Verwendung der Produktinformationen durch Dritte Händler auf Amazon ist nach den gegebenen Umständen also so gut wie gar nicht zu verhindern. Es sei denn, man müllt absichtlich die Datenbank mit Produkten zu, die einen marginal veränderten Produkttitel haben und somit eine eigene, neue ASIN bekommen. Amazon möchte aber im Sinne der Nutzererahrung seine Daten „sauber“ halten und forciert seinerseits die Mehrfachverwendung von Produktbildern und -texten. Dies ist möglich, weil Amazon sich zuvor die dafür notwendigen Rechte mit den AGB einräumt.

Jedoch ist diese Praxis rechtlich ins Wanken geraten. Das LG Köln betrachtet in einem Urteil (vom 13.02.2014, Az: 14 O 184/13) Amazons Umgang mit Produktabbildungen und Produktbeschreibungen in deren AGB für „nicht mit dem deutschen Urheberrecht vereinbar„. Dies beruht aber auf dem Fakt, dass Amazon sich die Nutzungsrechte und deren Weitergabe ohne eine Vergütung einberaumt.

Im o.g. Fall hat ein Händler auf Amazon einen anderen Händler auf Unterlassung verklagt, da der Beklagte die Bilder der Klägerin verwendet hat. Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Nach meinem juristischen Laienverständnis hat das LG Köln die Abweisung damit begründet, dass beide Parteien den AGB von Amazon und somit der Nutzung eben der Produktabbildungen „durch Dritte“ aufgrund der Zusammenführung von Angeboten auf Amazon zugestimmt haben. Eine ausführliche (und für Laien einigermaßen verständliche) Betrachtung dieses Falls findet bei www.internetrecht-rostock.de statt.

Was kann man tun, wenn ein Händler bei Amazon das gleiche Produkt mit meinem Bild oder meinem Text verkauft?

Nun, der Rechtsweg steht in solch einem Fall natürlich immer offen. Auch wenn es sich in einem solchen Fall auch um ein identisches Angebot im Rahmen der Datenzusammenführung handelt. Denn wer die Rechtsprechung gerade im Online-Bereich verfolgt weiss, dass jedes Gericht anders entscheidet.

Bevor man einen solchen Schritt geht muss man sich jedoch Fragen, ob man das wirklich will. Denn sollte ein Gericht tatsächlich entscheiden, dass die Mehrfachnutzung von Produktabbildungen und Produktbeschreibungen nicht rechtens ist, bricht das ganz Konstrukt zusammen. Das Prinzip von Amazon, identische Produkte unter einem „Dachartikel“ anzubieten, würde dabei ad adsurdum geführt und müsste komplett überarbeitet werden. Dabei ist nicht auszuschließen, dass Amazon die Angebotsplattformen hierfür zumindest vorübergehend (in Deutschland) schließt.

Dies hätte zur Folge, dass wie bei ebay ein und das selbe Produkt mehrfach, in schlimmen Fällen sogar tausende Mal, angeboten würde. Denn dies ist ja gerade der Vorteil der bisherigen Amazon-Produktdarstellung: Ich schaue mir genau das Produkt an, dass ich haben will und kann mir dann den passenden Händler dafür aussuchen. Statt: Ich muss mir hunderte Produkte (-seiten) anschauen und mir auf diesen Weg ein Angebot raussuchen. Dies hätte natürlich zur Folge, dass der Gesamtumsatz und -ertrag mittelfristig zurück geht und muss mit der Frage verbunden werden, ob sich diese Art von Geschäft dann noch für Amazon in Deutschland lohnt.

Disclaimer: Dieser Artikel ersetzt keine juristische Beratung! Wenn du für deinen speziellen Fall eine fundierte Aussage wünschst oder sogar brauchst, dann wende dich bitte an den Anwalt deines Vertrauens.

2 Kommentare

  1. Sehr weitsichtig das LG Köln:

    das lg köln betrachtet in einem urteil (vom 13.08.2014, az: 14 o 184 13) amazons umgang mit produktabbildungen und produktbeschreibungen in deren agb für “nicht mit dem deutschen urheberrecht vereinbar“

    Richtig wäre: 13.02.2014

    Kommentar Bearbeitet vom Moderator: Wurde vom System falsch als HTML interpretiert.

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